Fragen des „Friedenstreff Rüsselsheim und Umgebung“ an die OB-Kandidaten und -innen in Rüsselsheim vom 24.04.2023 (Die Antwort zum Download PDF)
1. Frage: Ob Sie sich vorstellen können, die Rolle des „Bürgermeisters für Frieden“ in Rüsselsheim aktiv fortzuführen
Antwort: Da ich die Demokratie für die beste Form der präventiven Friedenserhaltung halte, werde ich auch in der Position des Oberbürgermeisters, wenn ich dafür durch demokratische Wahlen das Mandat erhalte, mich für diese Staatsform einsetzen. Konkret heißt das, sich gern in allen Bereichen, auf die ein OB Einfluss hat, für die Friedensarbeit einzusetzen bzw. zu werben. Ich halte sehr viel von praktischen Maßnahmen und konkreten Projekten.
2. Frage: Ob Sie das 2021 eingerichtete Friedensschutzbüro unterstützen und in seiner Arbeit ausbauen wollen
Antwort: Es kommt mir auf Inhalte an, auch in der Friedensarbeit. Ziel muss sein, nachhaltige Mechanismen der Konfliktlösung zu etablieren, um Kriege – also militärische Auseinandersetzung – zu vermeiden. In meinem Studium der Politikwissenschaft haben mich solche Bereiche der internationalen Politik immer fasziniert. Hier sind es aber immer die praktischen Lösungen bzw. Strukturen und Institutionen gewesen, die ich für die spannendsten Aspekte gehalten habe. Deshalb habe ich zum Beispiel meine Magisterarbeit über den Minderheitenschutz in den Baltischen Staaten geschrieben. Dieser Konflikt nach der Unabhängigkeit der baltischen Staaten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist heute mit seinen Lösungsmechanismen (Minderheitenschutz) vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges wieder hochaktuell. Damals wie heute in der Ukraine geht, es um die russischsprachige Minderheit und ihre Rechte und Pflichten bzw. deren Integration. Es geht um Identität, Staatsbürgerschaft und wirtschaftliche Interessen sowie demokratische Rechte. Bestehende Institutionen und Pläne müssen deshalb immer an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die pragmatsche Zweckmäßigkeit angepasst werden, um das generelle Ziel einer nachhaltigen Friedensarbeit zu erreichen. Ich freue mich auch sehr, dass viele Menschen in Rüsselsheim sich ehrenamtlich für Friedensarbeit einsetzen. Dies gilt es zu unterstützen und zu fördern.
3. Frage: Ob Sie die Leitsätze des Friedensschutzbüros (s. Anhang) mittragen können bzw. welche Sie kritisieren oder welche Sie ergänzen möchten
Antwort: Über Leitlinien oder Leitsätze muss bzw. kann man in seiner grundsätzlichen Zielsetzung kaum Streiten. Wer ist gegen Frieden? Es geht mir mehr um die praktische Arbeit. Sie muss in der Erziehung unserer Kinder in den Kitas und Schulen sowie auf allen gesellschaftlichen Ebenen bzw. Erziehungsstufen stattfinden. Es geht im Kern um Konfliktlösungskompetenzen im Kleinen, die sich auf alle höheren Ebenen also im Großen fortsetzen bzw. übertragen lassen. Die Grenze von Leitlinien in diesem Zusammenhang liegt für mich bei ideologischen oder extremistischen Ausrichtungen. „Wahrheiten“ auch wie man Frieden erreichen kann, gibt es aus meiner Sicht nicht. Es gilt das Ringen um beste, zeitgemäße und pragmatische Konfliktlösungsansätze und deren Verbreitung.
4. Frage: Ob Sie also unsere Zielvorstellung, Rüsselsheim als „Friedensschutzstadt“ zu gestalten und zu benennen, unterstützen werden
Antwort: Siehe meine Aussagen zu Punkt 2 und 3
5. Frage: Welche Ideen zur Förderung lokalpolitischer Friedensinitiativen in Rüsselsheim Sie fördern oder initiieren wollen
Um nur zwei Beispiel zu nennen:
Antwort: A) Ich bin davon überzeugt, dass – jenseits der seit den 60er Jahren etablierten internationalen Städtepartnerschaften oder Städtefreundschaften sowie der Kontakte auf allen Ebenen – Kultur, Soziales und auch Wirtschaft ein sinnvolles Mittel zwischen Kommunen und deren Bürgerinnen und Bürger verschiedener Länder sind, um Graswurzel-Friedensarbeit zu leisten. Insbesondere mit Ländern wie der Ukraine, aber hoffentlich auch irgendwann mit russischen Kommunen. Andere Kommunen wie Raunheim haben solche Kontakte bereits geknüpft. Glücklicherweise hat das auch die EU erkannt und es gibt diverse Fördertöpfe, um dies auch konkret umzusetzen, ohne die kommunalen Kassen über Gebühr zu belasten.
Antwort: B) Wir müssen in den Schulen das Streiten wieder besser lernen, also den geordneten Umgang mit Konflikten und demokratischen Lösungswegen. Diskussions- bzw. Debattierclubs sind der richtige Weg. Ein vorbildliches Beispiel einer solchen Initiative ist nach meinem Wissen an der Humboldt-Schule.
Rüsselsheim, den 27.04.2023
Jens Grode